Mittwoch, 28. Oktober 2009

Von Vögeln, Fröschen und verrückten Hunden

… und von „großen Kreisstädten“, in denen es schwierig ist zu übernachten – zumindest für unter 50 Euro. So wie heute in Traunstein.

Traunstein war der erste Ort, bei dem mir vorab schon klar war, dass ich in die Jugendherberge gehen würde. Was man will, ist dem Leben oder war Traunstein dann aber doch herzlich egal. Was mal wieder bestätigt, dass man nicht immer alles planen muss, weil man nicht immer alles planen kann. Hatte ich in den kleinsten Dörfern oder den heißesten Pflastern direkt am Chiemsee immer eine günstige Unterkunft, war dies in einer größeren Stadt nicht möglich.


Die beiden Gasthöfe, die im Internet standen, machen keine Übernachtungen mehr und als ich vor dem Traunsteiner Pfarrhaus stand, machte mir keiner auf (obwohl in der Küche Licht brannte, wie ein Passant meinte). In meiner Notlage rief ich sogar die Polizei. Und als selbst der Pastor der freien Baptistengemeinde nicht ans Telefon ging, redete ich einfach mit den Leuten auf der Straße weiter und selbst die waren nur sehr schwer anzutreffen. Was ist nur los, Traunstein? Also ging ich am Ende in die Nobelherberge „Parkhotel“ – für alle Traunsteiner, denen ich versprochen habe, dass sie hier lesen können, wo ich übernachten werde. Muss zumindest am Geburtstag ja mal drin sein.


Jetzt aber genug der Vergangenheitsbewältigung. Es gab ja gestern noch weitaus schönere Dinge – und schrecklichere.



Da sich ja in den ersten Stunden der Abstimmung für die Frage des Tages schon abzeichnete, dass ich um den Chiemsee nicht mehr herum komme, sondern rein muss, musste ich das natürlich noch erledigen, bevor ich mich von Seebruck und vom Chiemsee (ganz oben an der Spitze) wieder entfernte. Dass ich in der Nacht noch ein wenig im Internet recherchiert hatte und auf den Begriff „Kälteschock“ getroffen bin, der bei Gewässern von 10-15 plötzlich eintreten könnte, machte mir die Sache nicht unbedingt schmackhafter.


Trotzdem, das Badewetter und selbst die Sonne schien hervorragend. Auf dem Weg zum See begrüßte mich selbst ein junger Mann – die beste Voraussetzung für eine nette Unterhaltung. Ich erzählte dem 65jährigen von dieser Chiemsee-Idee und Herr Fischl erzählte mir, dass er vor kurzem dem Tod nochmal von der Klippe gesprungen ist, nun aber mindestens 90 Jahre alt werden wird oder will, was man ihm sofort abnehmen konnte. Herr Fischl war Patient der Herzklinik und viel besser drauf als gut, obwohl er ziemlich viel Antibiotika schlucken muss und ihn das ganz „damisch“ macht.


Da ich ja nicht nur im, sondern auch vor dem Kopf den Chiemsee vor Augen hatte, fragte ich Herrn Fischl zur schnellen Aufmunterung noch nach einem Witz, der ihm aber entfallen war. Hätte ich einfach so meine Kamera mal angemacht, wäre das amüsant genug gewesen, aber Herr Fischl wusste weiter: In seiner Herzklinik gäbe es eine 88jährige Frau, die sowieso den ganzen Tag Witze erzählen würde. Also ab in die Klinik, ich wusste schließlich nicht, ob ich den Witz nach meinem Gang ins Wasser überhaupt noch erleben würde. Herr Fischl schleuste mich in die Klinik, von der alten Dame aber keine Spur. Also musste ich jetzt in den Chiemsee – ohne Witz.


An der Reling traf ich als makaberen Vorgeschmack nicht nur auf eine Todesanzeige, sondern auch auf einen noch lebendigeren Herrn, den ich von meinem Vorhaben berichtete und von dem mir heute noch nicht ganz klar ist, wie das mit den Vögeln ist.



Ich ging weiter in Richtung des Steges und freute mich gleich über die vielen Zuschauer, die alle Patienten der Herzklinik waren. Außerdem zählte ich mich gleich zu den Glücklichsten überhaupt, denn zum einen waren die Schwestern der Herzklinik auch da, die sich bestimmt mit etwas Videotechnik auskennen würden und zugleich waren sie ja Schwestern der Herzklinik, die im Notfall erstbeste Hilfe leisten könnten. Ich konnte sie aber nicht dazu bewegen. Sie rieten mir aufs Dringlichste ab, in den See zu gehen, da es das Bescheuertste ist, was man jetzt nur machen könnte. Besonders wenn mir meine Gesundheit am Herzen liegen würde und ich das kalte Wasser nicht tagtäglich gewöhnt bin. Mir fiel ein, dass ich mich bisher nur dran gewöhnt habe, heißes Wasser in der Dusche noch heißer zu machen, wenn ich mich daran wiederum gewöhnt habe.


Die beiden Damen schüttelten nur mit dem Kopf und meinten, ich könne es ja mal versuchen nur mit den Füßen hineinzugehen oder zumindest in die Sauna. Oder übersetzt – sie ließen mich sitzen und mit meiner Verantwortung allein. Und selbst wenn ich die Sache überleben würde, bliebe zumindest die hohe Chance auf eine Lungenentzündung. Da saß ich nun vor dem Chiemsee unter herrlichstem Wetter. Ich hörte noch entfernt die Stimme eines Rentners, der etwas von „lebensmüde“ sprach und ich hielt die Hand mal ans Wasser. So fühlen sich also 10 Grad an, wie es mir gestern das Touristikbüro bestätigte.


Es kann doch gar nicht sein, dass alle hier gegen mich sind und alle dafür, dass ich in den Chiemsee muss. Jetzt hätte ich Herrn Fischl gebraucht, der sich mit mir wahrscheinlich Hand in Hand in die nicht vorhandenen Fluten gestürzt hätte. Doch alles was ich hatte, war noch ein kleiner Rest von Mut, der mich zu dem einzigen Herrn auf einer Bank brachte, den ich wieder von der Idee erzählte. Er wollte mir das nicht abnehmen und fand alles noch viel schwachsinniger, als ich meinte, dass ich mir das sogar selbst eingebrockt hätte. Doch irgendwann hatte ich ihn soweit und er zumindest schon mal die Kamera in der Hand.


Und dann war's irgendwann soweit.
Ich bin zwar ein Wasserzeichen, aber beileibe kein Wassermensch.



Wie man sieht, bin ich eher ein Wasserfrosch. Besser bekomme ich einen Köpfer vom Rand auch nicht im Schwimmbad beim Warmbadetag hin. Vielleicht schon, aber jeder Sprung wäre ein Video zu viel gewesen. Und die Ausrede zur Arschbombe: das Wasser war nicht tief genug.

So, genug der Peinlichkeit. Jetzt hieß es schnell wieder ins Altersheim, denn jetzt freute ich mich umso mehr auf die alte Dame und ihren Witz. Und auch Herr Fischl freute sich, mich wieder zu sehen und ich konnte ihn gleich meinen Froschhüpfer zeigen. Zumindest ihn hatte ich als Fan schon sicher. Wir waren aber ja auch schon ganz dicke miteinander.




Und jetzt Frau Reißer (bitte ein wenig Geduld, in der Herzklinik geht es ein wenig langsamer zu, aber nicht minder lustig):





Herr Fischl macht ganz typisch am Ende irgendwie noch den Sack zu.

Danach ging's weiter nach Traunstein. Um noch ein wenig am Chiemsee entlang zu laufen, entschied ich mich für einen Umweg, der aber sehr lohnenswert war. Ich traf Herrn Bayer und seine liebe Frau.



Ich traf viele Pfadfinder (schreibt doch mal bitte, wie genau eure Gruppe heißt, mir fiel am Ende ja nicht mal mehr das Wort Pfadfinder ein):




Und ich traf irgendwann Traunstein. Spät.



Und wer wissen möchte, was dann passierte, liest einfach den Beitrag nochmal von vorne.

Ein wenig hüstelnd und keuchend,

Thorsten

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